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Die Seele der Tiere

Zwei Originalvorträge von Konrad Lorenz und Adolf Portmann

Autor: Konrad Lorenz / Adolf Portmann
Sprecher: Konrad Lorenz / Adolf Portmann
ca. 56 Minuten

Konrad Lorenz, * 7. November 1903 Wien, † 27. Februar 1989 Wien, Mitbegründer der vergleichenden Verhaltensforschung. Studium von Medizin und Zoologie. Ab 1940 Universitätsprofessor für Psychologie in Königsberg; 1944-48 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft, 1948-50 Gründer und Leiter des Instituts für vergleichende Verhaltensphysiologie in Altenberg bei Wien, 1953-57 Professur in Münster, danach in München. 1951-73 Max-Planck-Institut Dülmen, danach Seewiesen, ab 1961 Direktor, Nobelpreis für Medizin oder Physiologie 1973 (zusammen mit Karl von Frisch und Nikolaas Tinbergen) für die Entdeckung der Prägung an der Graugans; ab 1973 Leiter der Abteilung für Tiersoziologie am Institut für vergleichende Verhaltensforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Lorenz erreichte große Publizität mit seinen Werken. Während seiner letzten Lebensjahre warnte Lorenz wiederholt vor den Gefahren der Umweltzerstörung und wurde zu einer Leitfigur der Umweltschutzbewegung. Wegen seiner Nähe zur NS-Rassenpolitik geriet er später in die Kritik.

Adolf Portmann, * 27. Mai 1897 in Basel, † 28. Juni 1982 Binningen, war ein schweizerischer Zoologe und Naturphilosoph. Ab 1931 Professor für Zoologie an der Universität Basel. Portmann arbeitete interdisziplinär und befasste sich mit der Sonderstellung des Menschen in der Natur. Den ersten Lebensjahren des Menschen galt sein besonderes Interesse.

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1 | Konrad Lorenz: Moralanaloges Verhalten geselliger Tiere

Sendung: 16.10.1955, SWF - Aufnahmeort: Wiesbaden - Laufzeit: 28:28
Regie: Kleist - Techn. Aufnahmeleitung: Wagner - Redaktion: Ralf Caspary

Inhalt: Bei Tieren in geselligen Verbänden sind Verhaltensweisen etabliert, die reflektorisch Aggression hemmen und ihrer Funktion nach dem moralischen Verhalten analog sind. Tieren kann jedoch kein Grundcharakter zugeschrieben werden, - der Fuchs als raubgierig und verschlagen beispielsweise -, vielmehr geht es um instinkthafte Reaktionsweisen, die innerhalb des Verbands differenziert wirken. Bei Rhesusaffen ist die aggressive Ausgrenzung von Rivalen zugelassen, befindet er sich jedoch in Lebensgefahr, eilt ihm die Gruppe zu Hilfe. Die endgültige Ausschaltung eines Rivalen ist nicht gewünscht, denn auch der Schwächere kann sich bei Tod des Stärkeren fortpflanzen und damit der Erhaltung der Art dienen. Bei Kolkraben ist zu beobachten, dass die Ausbildung einer gefährlichen Bewaffnung, ihres Schnabels, mit einer ebenso starken Hemmung, ihn einzusetzen, einher geht. Die Demutshaltung von Hunden schließlich löst eine starke Tötungshemmung aus und beendet den Kampf der Rivalen unblutig. Wird diese Aggressionshemmung versehentlich durchbrochen, so führt diese Übertretung zu einer Neurose. Auch im Menschen finden sich solche gefühlsmäßigen Reaktionen, die einer Tötung entgegenstehen. Damit wird deutlich, wie hoch der Aufwand ist, solche Gefühle im modernen Krieg zu unterdrücken.

2 | Adolf Portmann: Haben Tiere eine Seele?

Sendung: 28.05.1967, SDR, Redaktion: Ralf Caspary - Laufzeit: 27:29

Inhalt: Tiere haben ein reiches Innenleben, sie fühlen, haben Stimmungen, nehmen wahr und handeln, man muss ihnen eine Seele zusprechen. Jedoch zeigt sich, dass je nach Kultur und historischer Situation diese Frage nach einer Tierseele völlig unterschiedlich beantwortet wird, in Indien anders als bei uns. In unserer religiösen Tradition ist der Begriff der Seele mit unsterblich konnotiert. Hieraus ergeben sich die Schwierigkeiten um eine Auffassung vom Tier, die sich ausschließlich an einem allgemeinen Begriff des Lebendigen orientiert. Auch rassische Zuschreibungen führten bei der Erforschung des Menschlichen in Sackgassen, so wurde im 16. Jahrhundert Indianern keine Seele zugebilligt. Die Struktureinheit des Lebendigen erweist sich zwar immer wieder als schlüssig, allerdings bleiben die Regungen der Tiere weitgehend verborgen und erschließen sich nur auf Umwegen. Hier leistet die moderne Verhaltensforschung Erhebliches, weitab vom Spekulativen verfährt sie streng naturwissenschaftlich. In biologischen Experimenten hat Karl von Frisch beispielsweise die Farbwahrnehmung von Bienen erwiesen und von der menschlichen differenziert. Tierisches Erleben wird damit zur Gewissheit. Auch in der Ergründung der Intimität von Tieren zeigt sich, dass das Paarungsverhalten über das Geschlechtliche weit hinaus geht. Die Auslese ist individuell, es gibt Zu- und Abneigung, die eine Beziehung stiften. Die Vermenschlichung darf nur im kritischen Sinne verwendet werden, als Bezugspunkt und Kontrastfolie.

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© Edition Quartino, Franz-Maria Sonner, München 2018
© Covergestaltung: Robert Ott, www.rodesign.de