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Einsteins Größe und Unverständlichkeit

Zwei Originalvorträge von Carl Friedrich von Weizsäcker und Ernst Peter Fischer / Harald Lesch

Autor: Carl Friedrich von Weizsäcker / Ernst Peter Fischer / Harald Lesch
Sprecher: Carl Friedrich von Weizsäcker / Ernst Peter Fischer / Harald Lesch
ca. 73 Minuten

Carl Friedrich von Weizsäcker, * 28. Juni 1912 in Kiel; † 28. April 2007 in Söcking am Starnberger See, war Physiker, Philosoph und Friedensforscher. Nach dem Studium der Physik, Mathematik und Astronomie in Berlin, Göttingen und Leipzig, u.a. bei Werner Heisenberg und Niels Bohr; wissenschaftliche Mitarbeit an den Kaiser-Wilhelm-Instituten für Chemie und Physik in Berlin; 1942-45 Professur für theoretische Physik in Straßburg: ab 1946 Abteilungsleiter am Max-Planck-Institut für Physik und Professur in Göttingen; 1957-69 Professur für Philosophie in Hamburg; 1970-80 Leiter des auf seine Anregung neu gegründeten Max-Planck-Instituts zur Erforschung der Lebensbedingungen in der wissenschaftlich-technischen Welt in Starnberg und Professor in München. 1958 Frankfurter Goethepreis und Max-Planck-Medaille, 1963 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Weizsäcker hat in seinen Arbeiten immer wieder die Grenzen der reinen Naturwissenschaft überschritten. Bereits vor Beginn des Zweiten Weltkriegs war er neben Heisenberg und Hahn einer derjenigen, die die Möglichkeit des Baus einer Atombombe durchdachten. Nur durch göttliche Gnade, so Weizsäcker, sei es nie zur Verwirklichung gekommen. Die Aufarbeitung dieser Erfahrung hat seinen weiteren Entwicklungsgang geprägt. 1957 stellte er sich mit Kollegen in der "Göttinger Erklärung" gegen die atomare Bewaffnung der Bundeswehr. Wissenschaftlich, philosophisch wie auch moralisch-politisch bemühte er sich um ein einheitliches Wirklichkeitsverständnis, was ihm den Ruf eines Universalgelehrten eingetragen hat.

Ernst-Peter Fischer, * 18. Januar 1947 in Wuppertal; Studium der Mathematik und Physik in Köln, Studium der Biologie am California Institute of Technology in Pasadena (USA), Promotion 1977; Habilitationsstipendiat der DFG im Bereich Wissenschaftsgeschichte, Habilitation 1987; Professor für Wissenschaftsgeschichte an der Universität in Konstanz; langjähriger Vizepräsident des Trägervereins e.V. zur Gründung der privaten Hochschule Holzen, einem Europäischen Studienkolleg für Weiterbildung.

Harald Lesch, * 28. Juli 1960 in Gießen, ist Professor für Theoretische Astrophysik am Institut für Astronomie und Astrophysik der Ludwig-Maximilians-Universität München und Lehrbeauftragter Professor für Naturphilosophie an der Hochschule für Philosophie (SJ) in München. Einer breiteren Öffentlichkeit ist er durch die im Bayerischen Fernsehen laufende Sendereihe »alpha-Centauri« und die ZDF-Serie »Terra-X« bekannt. Der für seine Medien- und Öffentlichkeitsarbeit mehrfach ausgezeichnete Wissenschaftler erhielt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft zuletzt den »Communicator-Preis« 2005 und die Medaille für Naturwissenschaftliche Publizistik der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.

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1 | Carl Friedrich von Weizsäcker: Gedenkrede auf Albert Einstein anlässlich seines 80. Geburtstags

Sendung: 07.06.1959, SWF - Laufzeit: 45:07
Aufnahmeleitung: Langrock - Redaktion: Ralf Caspary

Inhalt: Einsteins Ruhm ist zwischen Größe und Unverständlichkeit. Zwar ist er einer der wichtigsten Denker des Jahrhunderts und doch versteht kaum jemand, was er eigentlich gefunden hat. Einstein kann  in Funktion und Größe korrespondierend  als Gesprächspartner von Isaac Newton aufgefasst werden: Newton entdeckt in jungen Jahren dreierlei: das Gravitationsgesetz, die Differentialgleichung und die Spektralanalyse des Lichts. Mit etwa vierzig Jahren gelingt ihm die Theorie über den Aufbau der klassischen Mechanik. Bei Einstein hat man ebenfalls drei große theoretische Würfe: die spezielle Relativitätstheorie, die Lichtquantentheorie (für die er den Nobelpreis bekam) und seine Untersuchungen zur Brownschen Molekularbewegung. Eine allgemeine Theorie der Physik ist ihm jedoch nicht gelungen. Dieses Scheitern Einsteins, nicht-lineare Feldgleichungen zu lösen, ist nicht auf mathematisches Unvermögen, sondern das Fehlen eines zwingenden Ansatzes zurückzuführen, die Welt insgesamt beschreiben zu können und nicht nur in isolierten Phänomenen. Dies kann nur gelingen, so Weizsäcker, wenn Einsteins Auffassungen mit der Quantentheorie versöhnt werden.

2 | Ernst Peter Fischer/Harald Lesch: Die Geburt der modernen Naturwissenschaften (4)  Der Anfang aller Dinge

Sendung: 09.04.2007, SWR, Redaktion: Ralf Caspary - Laufzeit: 28:19

Inhalt: Ernst-Peter Fischer und Harald Lesch arbeiten im Dialog Grenzprobleme der modernen Wissenschaften heraus. Trotz allen wissenschaftlichen Fortschritts, trotz der Entdeckung der DNS oder der kosmischen Hintergrundstrahlung werden die einzelnen Disziplinen immer wieder konfrontiert mit dem Unbekannten, Rätselhaften, mit dem Unerkennbaren. Typisch dafür ist im Bereich der Kosmologie die Urknall-Theorie. Sie versucht die alte Frage zu beantworten, was war am Anfang, was ist der Urgrund aller Dinge. Schärfer jedoch als alle ihre Vorgänger konfrontiert sie uns damit, dass Kosmologie eigentlich nur "Innenarchitektur" ist: Sie kann nicht erklären, was zuvor war und danach sein wird, sondern nur was innerhalb einer Entwicklung ist. So steht in allen Disziplinen immer wieder die Forderung auf der Tagesordnung, man möge die eine große Theorie des Weltganzen entwickeln. Demgegenüber steht die nüchterne Einsicht, dass sich der wissenschaftliche Fortschritt wesentlich den partikularen Erkenntnissen der Spezialdisziplinen verdankt. Innerhalb der Disziplinen ist durchaus strittig, ob die verwendeten Erklärungsmuster im strengen Sinne kausal orientiert sind. Beschreibbar ist z.B., wie sich aus dem Molekül die Zelle entsteht, nicht jedoch, was zu diesem Formenwechsel zwingend führt. Die Defizite lassen sich mit einem Wort Einsteins so bezeichnen, dass man natürlich Beethovens 9. Symphonie als Luftdruckkurve ausdrücken kann. Ein Plädoyer für eine Wissenschaft mit Hirn und Herz!

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