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Psychoanalyse und Neuro-Doping

Das Arsenal der Hirnforschung
Zwei Originalvorträge von Hans J. Markowitsch und Thomas Metzinger

Autor: Hans J. Markowitsch / Thomas Metzinger
Sprecher: Hans J. Markowitsch / Thomas Metzinger
ca. 53 Minuten

Hans Joachim Markowitsch, * 1949 Singen, habilitierte 1980 in Konstanz und ist heute Professor für Physiologische Psychologie an der Universität Bielefeld und Direktor des Zentrums für interdisziplinäre Forschung. Markowitsch beschäftigt sich vor allem damit, wie das Gedächtnis funktioniert und ist Spezialist für Gedächtnisverlust. 2005 hat er zusammen mit Harald Welzer das Werk "Das autobiographische Gedächtnis" vorgelegt, in dem die Ich-Werdung als das entscheidende Vermögen des Menschen beschrieben wird. Seine Ausbildung beruht auf einem komplexen Zusammenspiel hirnorganischer Reifungsvorgänge, sozialer Entwicklungsanreize und psychischer Entwicklungsschritte.

Thomas Metzinger, * 12. März 1958 in Frankfurt am Main, ist Professor für Philosophie und Leiter des Arbeitsbereichs Theoretische Philosophie am Philosophischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Philosophie des Geistes, besonders Neuro- und Kognitionswissenschaften, sowie angewandte Ethik. Metzinger hat sich frühzeitig um eine Zusammenschau philosophischer und neurowissenschaftlicher Themen bemüht und fordert eine "neue Bewusstseinskultur".

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1 | Hans J. Markowitsch: Freuds Comeback - Wie die Hirnforschung die Psychoanalyse bestätigt

Sendung: 23.04.2006, SWR, Redaktion: Ralf Caspary - Laufzeit: 24:50

Inhalt: Harte Naturwissenschaftler stehen Freuds Psychoanalyse eher skeptisch gegenüber: Sie sprechen von einer Methodik, die sich nicht empirisch beweisen lasse, und von einem Theoriegebäude, das hauptsächlich durch Weltanschauungen geprägt sei. Doch dieser Skeptizismus ist unbegründet: Die modernen Neurowissenschaften konnten zentrale Prinzipien von Freuds Theorie bestätigen. Hans J. Markowitsch, Professor für physiologische Psychologie an der Universität Bielefeld, zeigt die Schnittstellen zwischen Psychoanalyse und Hirnforschung und erläutert die Gemeinsamkeiten an vier zentralen Thesen der Psychoanalyse: Die Umwelt beeinflusst das Individuum, es ist nicht determiniert (1). Erfahrungen aus Kindheit und Jugend sind prägend für unser späteres Leben (2). Unser Verhalten ist wesentlich durch Unbewusstes und Vorbewusstes bestimmt (3). Für die Erinnerung, insbesondere die Rekonstruktion der eigenen Lebensgeschichte sind Emotion und Kognition gleichermaßen entscheidend (4).

2 | Thomas Metzinger: Das manipulierte Bewusstsein - Die Gefahren der Neurowissenschaften und die Möglichkeiten der neuen Ethik

Sendung: 22.08.2004, SWR, Redaktion: Ralf Caspary - Laufzeit: 28:17

Inhalt: Bald wird uns die Wissenschaft vom Gehirn nicht nur zeigen, wie sich Abläufe - und damit Bewusstseinszustände - in unserem Kopf erklären lassen. Neuro-Arznei, ja Neuro-Doping wird das Mentale manipulierbar machen. Solche Eingriffsmöglichkeiten der modernen Neurowissenschaften in das Bewusstsein machen eine Reflektion der ethischen Implikationen notwendig. Dabei geht es nicht nur um neue Forschungsethik, sondern um eine Bewusstseinsethik. Welche Bewusstseinszustände sind illegal, welche sollen gefördert werden? Was ist überhaupt ein guter Bewusstseinszustand? Diese Einschätzung der Erlebnisformen wäre die Fragestellungen einer neuen Bewusstseinskultur. Wenn wir ein Bewusstseinskorrelat herbeiführen können, das der Wahrnehmung der Farbe Blau entspricht, haben wir die Möglichkeiten, Blinde Farben sehen zu lassen. Solchen fraglos guten Wirkungsmöglichkeiten stehen zweifelhafte gegenüber, beispielsweise in der sog. kosmetischen Pharmakologie, die durch Stimmungsaufheller Drogenprobleme schaffen kann. Oder wenn wir Bewusstseinszustände herbeiführen können, stellt sich nicht nur Frage, ob man selbstbestimmt sterben möchte, sondern in welcher Bewusstseinsverfassung. Auch die Behandlung von Tieren gehört in diesen Problembereich, denn zweifellos besitzen sie eine Leidensfähigkeit. Dürfen wir ihnen Bewusstseinszustände zufügen, die nur unserer Gattung dienen? Die größten Anforderungen an eine Bewusstseinskultur entspringen jedoch unseren neuen medialen Umwelten, d.h. den Zuständen, die durch technische Mittel induziert sind. Metzinger plädiert für eine interdisziplinäre, an praktisch-kritischer Rationalität orientierte Kultur.

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