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Der Dom zu Speyer

Reisen für Kopfhörer

Autor: Martina Conrad
Sprecher: Christine Davis, Frauke Poolman, Bodo Primus, Matthias Spranger
ca. 56 Minuten

Mehr sehen, mehr verstehen! Unsere neuen Titel bieten kompetente und umfassende Einführungen in historische Stätten. Autoren der SWR2-Landeskulturredaktionen haben nicht nur aktuelle Informationen mit praktischen Tipps für die Besichtigung zusammengestellt, sondern auch alles Wissenswerte zu Besonderheiten der Architektur und Geschichte.

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Kleine Geschichte des Speyerer Doms


Der Kaiser- und Mariendom zu Speyer zählt zu den bedeutendsten Bauwerken der Romanik. Als der Salierkaiser Konrad II. um 1030 den Grundstein für den Dom legt, will er als Zeichen seiner Macht das größte Gotteshaus des Abendlandes erbauen. Mit dem Dom zementiert er seinen alleinigen Anspruch als Gottes Stellvertreter auf Erden. Und zwar sowohl was das Heilige Römische Reich als auch was die Kirche betrifft. Den Papst betrachtet Konrad II. nur als seine rechte Hand. 1039 stirbt er und wird in einer Kirche begraben, die damals noch Baustelle ist. Sein Sohn Heinrich III. lässt kostbare Reliquien wie das Haupt des heiligen Stephan und Splitter des Heiligen Kreuzes nach Speyer bringen, doch erst 1061 findet die Weihe des Doms statt.

Mit dabei ist ein 11-jähriger Junge. Es ist jener Salier, der nur fünfzehn Jahre später als Heinrich IV. durch seinen Gang nach Canossa in die Weltgeschichte eingehen wird. Nachdem er den Papst abgesetzt hatte, war es zum Streit mit der Kirche gekommen, Heinrich IV. wurde exkommuniziert. Als Büßer tritt er 1077 vor Papst Gregor VII., der Bann wird aufgehoben, doch ohne nachhaltigen Erfolg: schon bald wird Heinrich IV. erneut exkommuniziert. 1106 stirbt er im Kirchenbann. Als er im entfernten Lüttich seine Augen schließt, sollen einer Legende nach die Glocken des Speyerer Doms angefangen haben zu läuten. Als Grabstätte salischer, staufischer und habsburgischer Herrscher symbolisiert der Dom zu Speyer das mittelalterliche Kaisertum.

Immer wieder war er im Lauf der Geschichte Zerstörungen und baulichen Veränderungen ausgesetzt. Verheerend waren die im pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 durch die Soldaten Ludwigs des XIV. gelegten Brände. 1794 verwüsteten französische Revolutionstruppen das Innere des Doms. 1806 schließlich konnte der bereits beschlossene Abriss durch den Mainzer Bischof Joseph Ludwig Colmar verhindert werden. 800 Jahre nach den Saliern versuchte ein anderer Monarch, sich in Speyer ein Denkmal zu setzen. Ludwig I. von Bayern erteilte 1844 seinem Lieblingsmaler Johann Baptist von Schraudolph den Auftrag, den Dom im Stile der Nazarener auszumalen. Heute sind lediglich noch im Mittelschiff des Doms farbige Wandgemälde zu sehen: ein Marienzyklus, 24 großformatige Fresken. Ansonsten sind die Wände naturbelassen. Denn Mitte des 20. Jahrhunderts hat man das Bauwerk reromanisiert: Alle anderen Malereien wurden in einem aufwendigen Verfahren abgenommen und gesichert. Zukünftig sollen sie – fixiert auf Leinwände – wieder im Kaisersaal ausgestellt werden.

Speyer war bereits seit dem 4. Jahrhundert Bischofssitz, sodass der salische Kaiserdom auf den Fundamenten einer karolingischen Kirche errichtet wurde. Mit seinen vier Türmen und zwei Kuppeln hat der Dom zu Speyer als Grundriss ein lateinisches Kreuz, das Sinnbild der Erlösung. Seine Maße besitzen symbolische Bedeutung, denn überträgt man die 134 Meter Länge in das römische Fußmaß, so erhält man die Zahl 444 – dreimal die vier, wobei die 3 für die Dreifaltigkeit, die 4 für die vollendete Schöpfung (vier Himmelsrichtungen, vier Jahreszeiten) steht. Die Höhe des Doms entspricht mit 33 Metern 111 Fuß, erneut eine dreifach wiederholte Zahl, diesmal die 1, Symbol der Einzigartigkeit und Einigkeit. Als Bernhard von Clairvaux, damals noch ein einfacher Mönch, über den Rhein nach Speyer kam, den Dom betrat und mit den anderen Gläubigen das „Salve Regina“ anstimmte, soll die Madonna geantwortet haben: „Salve Bernharde – Sei gegrüßt Bernhard“. Hierauf, so die Legende, entstand die Wallfahrt nach Speyer zur sprechenden Madonna. Nachdem französische Revolutionstruppen 1794 die Marienfigur zerstört hatten, war die Wallfahrt für lange Zeit erloschen. Heute steht vor dem Vierungspfeiler eine Statue der Muttergottes auf der Mondsichel, ein Geschenk von Papst Pius XI. aus dem Jahr 1930, durch das die Wallfahrt neu belebt wurde. Hauptwallfahrtstag zur „Patrona Spirensis“ ist das Fest Maria Himmelfahrt am 15. August.

Das Gotteshaus ist heute Bistums- und Pfarrkirche, Bischofssitz, Wallfahrtsstätte und während der jährlich stattfindenden „Internationalen Musiktage Dom zu Speyer“ auch Konzertort. 1981 hat die UNESCO den Dom in die Liste der Weltkulturerbestätten aufgenommen. Der Dom zu Speyer ist nach der Zerstörung der Abtei Cluny die größte erhaltene romanische Kirche Europas, seit 1995 wird er grundlegend restauriert. 120 Fachleute und 52 Büros, Ämter und Institutionen sichern seine Zukunft, die Sanierung wird voraussichtlich im Jahr 2020 abgeschlossen sein.

Interviewpartner: Lucius Alsen, Restaurator, Historisches Museum der Pfalz, Otto Georgens, Weihbischof im Bistum Speyer, Sabine Kaufmann, Kuratorin, Historisches Museum der Pfalz, Alfred Klimt, Dombaumeister, Karl Markus Ritter, Diplom Theologe, Geschäftsführer im Vorstand Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer, Otto Schüßler, Domkustos, Hubert Sedlmair, Prälat, Bernhard Volk, Domschweitzer.

Mitwirkende: Pfarrer Karl-Ludwig Hundemer, Messe und Predigt, Klaus Wünschel, Orgelimprovisation.


© Produktion des Südwestrundfunks 2009
Bookletredaktion: Frank Witzel
© Quartino GmbH, München 2009