Die Macht der Rede
Wilfried Stroh - Originalvorträge
Autor: Wilfried Stroh
Sprecher: Wilfried Stroh
ca. 60 Min.
Brillante Redner gewinnen schnell die Herzen der Zuhörer. Und was macht ihren Erfolg aus? Natürlich Charisma, aber auch eine lange Tradition der griechischen und römischen Antike, nach der eine gelungene Rede mit Leidenschaft und Rhetorik verbunden sein muss. Sonst entfaltet sie keine Wirkung. Die Griechen haben die Rhetorik erfunden, von den Römern wurde sie perfektioniert, in der Neuzeit scheint demgegenüber eine Verarmung dieser lang gepflegten Kunst eingetreten zu sein.
Wilfried Stroh lässt in seiner Geschichte der Redekunst die spannenden Momente lebendig werden, in denen die Macht des Wortes den Ausschlag gab. Er berichtet von berühmten Rednern wie Demosthenes, der trotz einer Sprechbehinderung Athens größter Redner wurde, und Cicero, dessen Sprachmächtigkeit den Maßstab eines vollendeten lateinischen Stils bildet. Wer Wilfried Stroh kennt, weiß, dass der emeritierte Professor für Klassische Philologie nicht nur fachliche Kompetenz aufzubieten hat, sondern selbst ein mitreißender Redner und Wissensvermittler ist.
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Kurzbiographie
Wilfried Stroh (Valahfridus), *Stuttgart 26. Dezember 1939, studiert in Tübingen, Wien und München Klassische Philologie und promoviert 1967 in Heidelberg, wo er sich nach Forschungsaufenthalten in London, Straßburg und Münster 1972 habilitiert. Von 1972 bis 1976 ist er Dozent und außerplanmäßiger Professor in Heidelberg, von 1976 bis 2005 Ordinarius für Klassische Philologie an der Universität München. Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Forschung im Bereich der antiken Literatur sind Rhetorik und Erotik, von Autoren besonders Cicero und Ovid. Sein besonderes Interesse gilt dem lebendigen Latein als gesprochener Sprache.
1 | Wilfried Stroh: Die Macht der Rede
Sendung: 14./21.03.2010, SWR Laufzeit: 55:18
Inhalt: Gorgias (ca. 480-380 v. Chr.), ein bedeutender Vertreter der Sophisten, kann als Begründer der Rhetorik angesehen werden. Ihm gilt die Rede als große Herrscherin, die göttliche Werke vollbringt. Das Vertrauen in die Macht der Rede erhält sich bis in die frühe Neuzeit. Beispielhaft ist Ciceros Rede im römischen Senat gegen den Verschwörer Catilina. In einer unentschiedenen Situation, in der sich Cicero der Unterstützung des Senats nicht sicher sein kann, gibt seine glänzende Rede den Ausschlag, Catilina aus Rom zu vertreiben. Als wirkmächtigster Redner im Griechenland der Antike gilt Demosthenes, der sich, obwohl sprachbehindert, durch asketisches Training rhetorisch ausgebildet hat. Es zeichnet die Redner der damaligen Zeit aus, dass sie mit der Macht des Wortes eine Sache zu ihren Gunsten entscheiden konnten. Heutzutage kommt der politischen Rede nur noch eine epideiktische Funktion zu: Selbst an historischen Scheidewegen verkündet sie nur noch, was bereits beschlossene Sache ist. Drei Faktoren sind hierfür maßgeblich: Die Willensbildung findet in den Parteien, nicht in der parlamentarischen Debatte statt. Verschriftlichung und Publikation treten an die Stelle der freien Rede. Die Massenmedien schließlich machen aus dem teilnehmenden und mitentscheidenden Zuhörer einen Konsumenten.