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Schwetzingen

Reisen für Kopfhörer

Autor: Thomas Rothkegel
Sprecher: Andrea Hörnke-Trieß
ca. 57 Minuten

Mehr sehen, mehr verstehen! Unsere neuen Titel bieten kompetente und umfassende Einführungen in historische Stätten. Autoren der SWR2-Landeskulturredaktionen haben nicht nur aktuelle Informationen mit praktischen Tipps für die Besichtigung zusammengestellt, sondern auch alles Wissenswerte zu Besonderheiten der Architektur und Geschichte.

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Kleine Geschichte von Schwetzingen


Schwetzingen bildet mit seiner Stadt, dem Schloss und dem Garten ein europaweit einmaliges Barockensemble. Schwetzingen, heute eine Stadt mit etwa 20 000 Einwohnern, war bereits im 18. Jahrhundert als Sommerresidenz des pfälzischen Kurfürsten von eminenter Bedeutung. Carl Theodor, von seinem Zeitgenossen Friedrich dem Großen als „Glücksschwein“ bezeichnet, verfügte über nahezu unbegrenzte Geldmittel, die der Herrscher in modernste soziale Einrichtungen, aber auch in seine prächtige Hofhaltung fließen ließ. Er baute das kleine Schwetzinger Schlösschen zu einem grandiosen Ensemble von Garten, Park und Gebäuden aus und ließ das Dörfchen, das daran angrenzte, barock umgestalten. So verleihen Marstall und mehrere beeindruckende Adelspalais dem inzwischen längst zur Stadt erhobenen Schwetzingen bis heute das barocke Erscheinungsbild.

Später kümmerten sich die Karlsruher Großherzöge nicht besonders um das Kleinod aus der kurpfälzischen Erbmasse, die ihnen von Napoleons Gnaden zugefallen war. Darum blieben Stadt, Schloss und Garten seit dem Ende des 18. Jahrhunderts nahezu unverändert. Sogar die Bausubstanz der Garten- und Schlossgebäude ist weitgehend original. Immer noch kann man sich in Carl Theodors Wunderreich ergehen und den Blick hinüber zu den Pfälzer Bergen schweifen lassen. Eine Aussicht, die man Carl Theodors Vorgänger Carl Philipp verdankt, der eine breite Schneise durch den Wald schlagen ließ. Blickt man zurück auf das Schloss, dann sieht man dahinter bis zum Königstuhl, dem Hausberg Heidelbergs. War der Garten anfänglich nach geometrischen Gesichtspunkten angelegt, entdeckte man Ende des 18. Jahrhunderts die Faszination des Natürlichen und Ungebändigten. So findet sich der Besucher von Schwetzingen in einer künstlichen Wildnis mit verschlungenen Wegen wieder. Auch die Türkenmode des 18. Jahrhunderts fand ihren Niederschlag in den fürstlichen Gärten der Zeit, von der in ganz Europa allein die Schwetzinger Moschee, ein solides Bauwerk aus Stein, übrig geblieben ist. Diese Moschee zeigt eine Mischung aus gotischen Elementen, wie den Spitzbögen und dem Kreuzgang, mit orientalischen Elementen wie den zwei Minaretten und der mit verschlungenen Ornamenten ausgemalten Kuppel. Außen und innen ist das Gebäude mit Zitaten aus dem Koran in arabischer Schrift und deutscher Übersetzung geschmückt.

Das Schloss, in dem sich Stilelemente aus Barock, Rokoko und Klassizismus vereinen, wird auch heute noch für Veranstaltungen genutzt. Fast rund ums Jahr sind Konzerte und Opern im Rokokotheater und den Konzertsälen in den Zirkelbauten zu erleben. Das Heidelberger Theater hat mit seinem „Winter in Schwetzingen“ genannten Sonderprogramm mit Barockmusik das jüngste Projekt ins Leben gerufen. „Der Mannheimer Mozartsommer“ lädt alle zwei Jahre in die beiden Residenzen der Kurpfalz ein, in die ehemalige Hauptresidenz Mannheim und die Sommerresidenz Schwetzingen.

Im Herbst veranstaltet die Mozartgesellschaft Schwetzingen das Schwetzinger Mozartfest. Die längste Tradition haben jedoch die Schwetzinger Festspiele des Südwestrundfunks, der seit 1952 aus den Sälen des Schlosses Konzerte in alle Welt überträgt.


Interviewpartner: André Baumann, Vorsitzender des Naturschutzbundes Baden-Württemberg, Schwetzingen; Barbara Brähler, Kulturreferentin der Stadt Schwetzingen, Schwetzingen; Alfons Elfgang, ehemaliger Leiter des Referats „Grün- und Freiraumplanung“ bei der Oberfinanzdirektion Stuttgart, Stuttgart; Andreas Falz, Schlossverwalter des Schwetzinger Schlosses, Schwetzingen; Rosemarie Münzenmayer, Kunsthistorikerin in der Betriebsleitung „Vermögen und Bau Baden-Württemberg“, Stuttgart; René Pöltl, Oberbürgermeister der Stadt Schwetzingen, Schwetzingen; Peter Stieber, Künstlerischer Leiter des Konzertprogramms und Geschäftsführer der Schwetzinger Festspiele, Mainz; Ralf Wagner, Kunsthistoriker und Schlossgartenführer, Schwetzingen


© Produktion des Südwestrundfunks 2009
Bookletredaktion: Frank Witzel
© Quartino GmbH, München 2009